ISBN 978-3-86841-022-8
311 Seiten
18 €

 

Anna-Maria Benz
„Freiheit oder Tod“
Harriet Tubman (1820 - 1913),
Afroamerikanische Freiheitskämpferin

Sie ist eine der Heroinnen der afroamerikanischen Geschichte und eine der bekanntesten Frauen ihrer Zeit. Schul- und Jugendbücher berichten von ihren Taten, bereits im Jahre 1869 wurde eine erste Biographie geschrieben, die noch auf Gesprächen beruhte. Amerikanische Biographen und Biographinnen vergleichen sie mit Jeanne d`Arc und Florence Nightingale. Ihre Anhänger/INNEN und Freunde– mehr als 300 befreite Sklaven, die sie als „Conductor“ auf der „Underground Railroad“ – geheimen Wegen - in den sicheren Norden und nach Kanada brachte, nannten sie Moses oder, in Anspielung auf ihre Arbeit als Kundschafterin und Spionin im Bürgerkrieg, General Tubman. Sie hatte bei ihren gefährlichen Unternehmungen stets eine Pistole bei sich. Machte einer ihrer Schützlinge schlapp oder wollte wieder umkehren, hielt sie ihm die Pistole an den Kopf: „Go or die!“ (Geh oder stirb!), erklärte sie. Sie war entschlossen, jeden „Passagier“ ins „Land der Freiheit“ zu bringen, auch dann, wenn er selbst den Mut verlor.
Nichts im Leben von Harriet Tubman (um 1820-1913) wies auf ihre spätere bedeutende Rolle hin: als die junge Frau, die auf einer Plantage in Maryland arbeitet, 1849 hört, daß sie verkauft werden soll, flieht sie. Doch die persönliche Freiheit ist ihr nicht genug; sie ist als Sklavenbefreierin so erfolgreich („Ich habe nie einen ´Passagier´ verloren“), daß ein Kopfgeld von 40.000 US-Dollar auf sie ausgesetzt wird. Für spätere Generationen schwarzer US-Bürger – die zwar frei sind, aber noch bis weit in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein keineswegs dieselben Menschenrechte haben wie Weiße – ist Tubman eine beispielhafte Gestalt weiblicher Würde, militanten Widerstands gegenüber rassistischer Tyrannei, voll Kraft und Selbstermächtigung.
In der US-amerikanischen Geschichte ist sie ein festumrissener Begriff; die jüngste Tubman-Biographie wurde im Jahre 2004 publiziert. Die Arbeit von Annamaria Benz ist die erste deutschsprachige Biographie dieser Freiheitskämpferin. Zu entdecken ist jetzt auch für uns ein beispielhaftes Leben, das allen Widerständen und Gefahren trotzte.

Harriet Tubman bei wikipedia
Ausführliche Webpage von Kate Larson über Harriet Tubman in englisch hier

Rezension:


E.A.Hombuirg: Einzelkämpferin gegen ein Massenschicksal – der lange Weg Harriet Tubmans
, erschienen in: an.schläge – Das feministische Magazin, März 2010

Sie ist eine der bedeutendsten Kämpfer/INNEN der afroamerikanischen Geschichte und in den USA kennt sie noch heute jedes Schulkind. Sie gehört also weder zu den Übersehenen noch zu den Vergessenen. Harriet Tubman (um 1820-1913), von ihren Anhängern und Freunden – mehr als 300 befreiten Sklaven – nur „Moses“, von ihrem weißen Mitkämpfer John Brown „General Tubman“ genannt, ist eine der Heroinnen auch in der Geschichte der Frau, eine beispielhafte Gestalt weiblicher Würde, militanten Widerstands gegenüber rassistischer Tyrannei, voller Kraft und Selbstermächtigung.
Die afroamerikanische Geschichte erzählt von zahlreichen Held/INen: Nat Turner, Gabriel Prosser, Sojourner Truth; im 20. Rosa Parks, Malcolm X. und Martin Luther King. Harriet Tubman ist zweifellos eine/R der bekanntesten und tapfersten.
Das Kind wächst als Sklavin auf einer Plantage in Maryland auf; auch die Eltern sind versklavt. Harriet erlebt Hunger, Schläge und Mißhandlungen; die aus Afrika Verschleppten und ihre in der Sklaverei geborenen Kinder und Enkel leben nicht besser als Tiere. Sie haben keinerlei Rechte; Familien werden auseinandergerissen, die Kinder verkauft. Solange sie nicht in den „tiefen Süden“ verschleppt werden, kann ein gut organisiertes Netzwerk das Trauma der Trennung mindern; auch existiert eine Untergrundbewegung, die „Underground Railroad“, die Versklavte befreit und in den sicheren Norden oder sogar nach Kanada bringt. Harriet Tubman, als Vierzehnjährige durch einen Schlag auf den Kopf mit einem Bleigewicht gesundheitlich beeinträchtigt, flieht 1850, weil sie verkauft werden soll, und wird ihrerseits ein erfolgreicher „Conductor“ (Schaffner) der „Untergrundbahn.“ Harriet hat immer eine Pistole bei sich, und dies nicht nur, um sich gegen Sklavenjäger zur Wehr setzen zu können, weil auf sie eine „Fangprämie“ von 12.000 US-Dollar ausgesetzt ist. Verliert einer ihrer Schützlinge den Mut, zwingt sie ihn mit Waffengewalt, weiterzugehen. Während des Bürgerkriegs arbeitet Tubman als Spionin und Krankenpflegerin; doch unter ihrer Leitung findet auch eine der spektakulärsten militärischen Aktionen gegen die Südstaaten statt – was die Militärgeschichtsschreibung noch des 20. Jahrhunderts gern unterschlägt. Tubman war die einzige Frau, die im Bürgerkrieg mitgekämpft hat; ihre schwarzen Brüder „durften“ zwar, trotz großer Widerstände, kämpfen, doch wurden sie schlechter bezahlt als ihre weißen Kameraden; Rassismus ist keine ausschließliche Angelegenheit der sklavenhaltenden Südstaaten. Auch Tubman wird um den Arbeitslohn geprellt; erst 30 Jahre später wird er ihr ausgezahlt.
Bereits 1863 erschien eine erste Biographie Tubmans, die noch auf persönlichen Gesprächen beruht. In den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts schrieb Earl Conrad mehrere Biographien, auch für Kinder; die jüngste Publikation über Tubman wurde 2004 veröffentlicht. Bislang existierte keine deutschsprachige Biographie Tubmans; lediglich in der von Luise F. Pusch betreuen Reihe „Berühmte Frauen“ bzw. dem Kalender „Berühmte Frauen“ gibt es ein biographisches Porträt mit Foto. „Freiheit oder Tod“ von Anna-Maria Benz ist die erste deutschsprachige Biographie einer Frau, deren Forderung nach Freiheit für alle Menschen immer noch nicht eingelöst ist: Nach einer Schätzung des US-Magazins „Newsweek“ im Jahre 1999 leben bis zu 100 Millionen Menschen in Sklaverei. Zwangsarbeit und Menschenhandel; minderjährige „Sexsklaven“ in Thailand und anderswo; schlechtbezahlte Arbeit in Sweatshops oder als Teppichknüpfer in Ländern der sog. Dritten Welt; Ziegelbrenner in Indien: - die Lebensgeschichte Tubmans zeigt uns, daß „die Vergangenheit niemals tot ist“, wie William Faulkner schrieb, „sie ist nicht einmal vergangen.“ Zeit also, sich auch im 21. Jahrhundert mit Tubman zu beschäftigen, geht es doch um ein Thema, das untrennbar mit der Frage nach der conditio humana verbunden ist.

 


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