ISBN
978-3-936049-78-7
44
Seiten
9,80
€
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Ralf Burnicki
Zahnweiß
Kaufhaus-Poetry
»Kaufen, marsch marsch!« lautet der Befehl des
Kapitalismus. Die Reduktion von KonsumentInnen auf kaufende
Infanterie ist ebenso konsequent wie anti-emanzipatorisch.
Mit dem Kapitalismus ist halt keine Emanzipation des Subjekts
zu machen. Der Kapitalismus kann keine freien Subjekte
gebrauchen, keine Individuen, die sich der Verwertbarkeit,
der Verwertung und ihrer vorauseilenden Belohnungen (Konsumzwänge)
entziehen. Der vorliegende Band nähert sich dieser
Systematik in der Form politischer Prosadichtung, die
den Absurditäten des Alltags auf der Kunst-ebene
begegnet. Ein Beitrag zur Anarcho-Poetry.
Ralf Burnicki erhielt 2001 eine Auslobung
zum »Erben Orwells« der Neuen Gesellschaft
für Literatur (NGL Berlin), Preisträger der
Nationalbibliothek des deutsch-sprachigen Gedichts 2003,
Preisträger Literaturwettbewerb »Unterwelten«
2004 (Literatenohr e.V.). Lesungen auf diversen Literaturtagen
(Berlin, Magdeburg, Kiel, Bochum, Kamp-Lintfort, NRW-Literaturtage)
»Die Sprache Burnickis ist in
der Tat eine eher lyrische, gespickt mit einer unglaublichen
poetischen Wucht - die in angenehme Unruhe versetzt«
(Jörg André Dahlmeyer in: Der Störer,
Berlin)
»Burnicki ist ein Meister
von Kaskaden phantasiereicher Metaphern« (Neue
Westfälische)
»Endlich ein neuer Burnicki,
und wieder begeistert er mit seiner Kunst der kraftvollen
Sprachbilder und den treibenden Rhythmen seiner Worte«
(Spechtart 07/2007)
Rezension
Mona Grosche: "Konsumbeat" in:
direkte aktion Nr. 185 - Januar/Februar 2008 mehr
...
Joseph Steinbeiß: "Check in, check out"
in: graswurzelrevolution Nr. 322 mehr
...
Heike Pfaff: "Die Militarisierung des Konsums"
erschienen in: "Neue Westfälische" vom
23. August 2007 mehr ...
Mona Grosche: Konsumbeat
Mark Twain hat einmal gesag: "Der Unterschied zwischen
dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe
Unterschied wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen",
Ralf Burnicki gehört mit seinen neusten Lyrikband
mit Sicherheit nicht zur Kategorie "Glühwürmchen"
- ganz im Gegenteil.
In gewohnter sprachlicher Opulenz, gepaart mit einem unbestechlichen
Blick und politischem Scharfsinn nimmt uns der Bielefelder
Autor mit >Zahnweiß< auf eine neue Reise in
die Abgründe des antäglichen Seins. Mit vier
längeren Prosagedichten greift er hier in abgewandelter
Form die Thematik früherer Arbeiten wieder auf: Die
Entfremdung des modernen städtischen Menschen, der,
in roboterhaften Zwängen eingepfercht, das tut, was
alle anderen um ihn herum auch tun. Dabei geht es vor
allem um eins: Konsum. Oder wie es der Media Markt ganz
unverblümt in seiner Werbung auf den Punkt bringt:
"Kaufen, marsch, marsch!"
Aus der Auseinandersetzun mit dem beständigen Konsum
um des Konsumes willen, der - wenn überhaupt - nur
kurzfristigen Ersatzbefriedigungen statt der Erfüllung
tatsächlicher Wünsche und Bedürfnisse entspricht,
ist Burnickis kraftvolle Kauhauspoetry in "Zahnweiß"
entstanden. Entlarvenden hohlen Zitaten aus der Konsumwelt
- "Alle werden glücklich", setzt der promovierte
Philosoph seine ebenso entlarvenden, aber umso gehaltvolleren
Gedanken entgegen. Wortgewaltig, kraftvoll und überaus
lebendig führt uns Burnicki durch die schnurgeraden
Supermarktgänge, in die reizüberfluteten Konsumtempel
und in die nächtlche Straßen der uniformen
Innenstädte nach Ladenschluss. (...)
Statt mit erhobenen Zeigefinger kommt Burnicki mit Selbstironie
und augenzwinkerndem Humor daher - und vermutet so zum
selbstbestimmten Erleben, Denken und Handeln. >Zahneriß<
bietet so Lesen als Sabotage im besten Sinne, und das
keineswegs nur für Lyrikfreunde.
Heike Pfaff: Die
Militarisierung des Konsums
"Kaufen! Marsch, marsch": Der Bielefelder Autor
Ralf Burnicki verarbeitet in seinem neuesten Band "Zahnweiß"
bekannte Werbeparolen und fühlt den blendenden Schönheiten
und Abgründen von Warenhäusern nach.
Burnicki, der 2001 von der Neuen Gesellschaft für
Literatur zum "Erben Orwells" ausgelobt wurde,
hat sich auf Streifzug durch Bielefelds Konsumtempel begeben
und seine Eindrücke in Prosa mit lyrischer Note gebannt.
Flankiert von Schwarz-Weiß-Fotos, die nahezu ausschließlich
Einkaufswagen zeigen, bietet "Zahnweiß"
vier Texte und ein "Interview" mit Simone Meyer
aus der Presseabteilung der "real"-SB-Warenhaus
GmbH über die Bundeswehrkampagne auf den Einkaufswagen-Werbeschildern.
Meyer sieht sich mit etlichen Fangfragen konfrontiert
wie: "Wäre es gerechtfertigt, von einer gegenwärtigen
Militarisierung des Konsums zu sprechen" und zieht
sich, eine humoreske Fußnote, bemerkenswert nüchtern
aus der Affäre: "Weitere Assoziationen ergeben
sich für uns nicht."
(...) Die mit "Kaufhaus-Poetry" untertitelte
Publikation des unter anderem 2003 mit dem Preis der Nationalbibliothek
des deutschsprachigen Gedichts ausgezeichnetem Dichters
aus Gellershagen setzt wenig auf Layout, dagegen dominant
auf routiniertes Abfeuer von Bildsalven: "All diese
Blumen aus Fleisch [...]. Neonreine Fresslandschaften,
Genussfolien, Garantien. Kängst greifen Gemüt
und Gebäck ineinander, wird Freiheit definiert als
Endlosschleife häusliches Glücks. Die Herrschaftsgeschichte
der Kaufkraft besorgt es der Sozialgeschichte des Unmuts
am Puddigbüfett."
Der Leser ahnt die Schlussforderung Burnickis noch vor
ihrer Ausformulierung im Abspann; "die Frage nach
einer radikalen Neugestaltung von Individualität
und Gesellschaft".
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